Der schwarze Tod im mittelalterlichen Amberg.

Schlagwörter

,

Der furchtbare Dreiklang: Pest, Hungersnot und Krieg blieb zutiefst im Menschengedenken. Wenn man die Annalen der Städte durchblättert, so taucht immer wieder ein Wort auf, erschütternd in seiner Hoffnungslosigkeit: „Der schwarze Tod..“ Ihm gab es kein Entrinnen, wehrlos harrten in dumpfer Verzweiflung die Geängstigten, bis auch sie ihr Schicksal traf. In der Legende kehrt er als Mann wieder, der in seinem schwarzen Mantel gehüllt über die Stadt flog. „Bald darauf begann das große Sterben“, erzählen die Überlebenden. Noch heute dreihundert Jahre und mehr nach jener Zeit, betet man: „Vor Pest, Hungersnot und Krieg bewahre uns, o Herr.“

Das erste Auftreten der Pest in Amberg wird aus dem Jahre 1094 berichtet. Der zu jener Zeit lebende böhmische Chronist Cosmas Diacon von Prag, schreibt in seinen Aufzeichnungen:

In nämlichen Jahre war eine große Sterblichkeit unter den Menschen, vorzüglich aber in deutschen Landen. Denn als die Bischöfe von Prag und Olmütz von Mainz zurückkehrten und durch ein gewisses Dorf Amberg genannt, reisten, konnten sie in der Pfarrkirche, die übrigens groß genug und außerhalb des Dorfes gelegen war, doch nicht kommen, um Messe zu hören, weil das ganze Kirchenpflaster von Leichen bedeckt war, ohne einen einzigen freyen Fußtritt zu gestatten.“  

Diese kurze Schilderung könnte nicht eindrucksvoller sein. Von 1348 heißt es: „Mehrere Häuser waren mit Leichen angefüllt. Der vierte Teil der Einwohner wurde das Opfer des Todes.“ Allerdings scheint es sich in diesem Fall nicht direkt um die Pest gehandelt zu haben, denn es wird von einer „pestartigen“ Krankheit gesprochen. Bei den sanitären Verhältnissen jener Zeit mag jede an und für sich nicht so gefährliche Epidemie sich verheerend ausgewirkt haben. Auch aus den vorausgegangene Jahren 1315 und 1327 wird das Auftreten von Seuchen gemeldet, ebenso von 1380, 1437 und 1439. Als die Pest 1482 wiederum ausbrach, forderte sie 400 Opfer. In jenem Jahr hatte die Stadt fünf Bürgermeister, da einer nach dem anderen wegstarb. Im 16. Jahrhundert waren Pestjahre 1502, 1521, in dem 1700 Verstorbene beerdigt wurden, sowie 1585.

Am furchtbarsten wütete die Seuche im Dreißigjährigen Krieg. In den Jahren 1633—34 nahmen die Todesfälle so zu, daß ganze Stadtteile ausstarben. Man versuchte vergebens die Krankheit zu steuern. Auf den Straßen wurden Feuer unterhalten und die Häuser mit Wacholder und Essig ausgeräuchert. Die Gebäude in denen sich Pestkranke befanden, wurden geschlossen und durch eine in der Haustüre angebrachte Öffnung den Ärmsten Nahrung zugereicht. Eigens vom Magistrat bestellte Wärter betreuten sie auf deren Kosten und hatten allabendlich das Verzeichnis der Verstorbenen einzuliefern. Über die Besoldung heißt es weiter: „Sie hatten die Anweisung, den Leichnam der Honoratioren Särge und Gräber zu gestatten. Hierfür  aber mußten, nach Umständen 10 bis 12 Thaler, erlegt werden. Dieser Ertrag diente als Fond, die Träger dieser Leichen sowohl als das übrige bey dieser traurigen Bedienung angestellte Personal zu besolden. Die Leichname der allgemeinen Volksklasse wurde abends in der Dämmerung auf einem gedeckten Wagen in den Freythof bey St. Katharina zu Grabe brachte.“

1634 ahm die Seuche noch an Heftigkeit zu. Die kurze, in ihrer nackten Feststellung erschütternde Schilderung eines Zeitgenossen, die den ganzen furchtbaren Jammer jener Tage greifbar macht, erzählt davon: „Acht Tage nach dem Fest St. Johann des Täufers vervielfachte sich die Sterblichkeit so sehr, daß man an einem Tage 15, 18—20 verblichene zählte. Weil der alte Leichenwagen diesen schauerlichen Zuwachs nicht mehr fassen konnte, wurde ein neuer, in Form eines Rüstwagens, angeschafft, dessen Räder mit Filz überzogen, die Bespannung aber mit ein paar Ochsen unternommen wurde, damit die in Todesfurcht lebenden Einwohner durch das Rasseln dieses Wagens nicht gar bis zur verzweifelnden Hoffnungslosigkeit herabgestimmt werden möchten. In den beiden Monaten Julius und Augustus schien auch die Hoffnung zur Rettung verschwinden zu wollen, denn man zählte täglich gegen 40 Personen, die ein Raub des Todes wurden. Das Franziskanerkloster, das Spital, das Seelhaus, die Ziegelgasse, die untere Nabburger-Straße, nebst mehreren Häusern in verschiedenen Theilen der Stadt sind gänzlich ausgestorben.“

Da jede menschliche Hilfe vergeblich schien, zog am 3. September 1634 eine gewaltige Prozession nach dem Berg. Sie führte ein vom Jesuitenrektor P. Kaspar Hell geschenktes Marienbild mit sich, das in dem in eine Kapelle umgewandelten Wachturm untergebracht wurde. Der Berg wurde da „jedermann: Maria Hilf! gerufen hatte, Mariahilfberg genannt.“ Bald darauf hörte die Pest auf. Vier Jahre später und im Jahr 1713 richtete sie erneut große Verwüstungen an. Mehr als die Hälfte der Einwohner sollen ihr zum Opfer gefallen sein.

In der späteren Zeit verschwand die Seuche dank der gesteigerten sanitären Anlagen. Was unauslöschlich blieb war das Erschauern vor jener Todesfurcht, das sich zum Flehen formte „Bewahre uns, O Herr!“

Zusammengestellt nach den Amberger Chroniken von Schwaiger, Schenkl, Löwenthal und Lipowski von Heinrich Sachs-Amberg.